Die aktuelle Predigt

Hochfest Hl. Petrus & Hl. Paulus – C:
Gal 1,11-20 / Mt 16,13-19

(Linz − Ursulinenkirche, 29. VI. 2025)

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Der Gedenktag der beiden Apostel Petrus und Paulus nimmt in der liturgischen Ordnung unserer Kirche einen so bedeutenden Rang ein, dass er sogar den Sonntag überwiegt. Dieses Schwergewicht kommt ihm wohl zu, weil um diesen Tag herum weltweit traditionell Priesterweihen stattfinden – in unseren Breiten eher schon eine Seltenheit. Der Festtag der beiden Apostelfürsten ist also zugleich ein Hochfest des kirchlichen Weiheamtes; und was die für diesen Tag vorgesehene Auswahl der biblischen Lesungen von den beiden Aposteln erzählt, könnte Grundeigenschaften des kirchlichen Amtes markieren:

Da ist zunächst einmal Simon, der im Evangelium den Titel „Kephas (lat. Petrus) – Fels“ erhält. Dieser Titel zusammen mit der symbolischen Verleihung der himmlischen Schlüssel­gewalt stellte Jahrhunderte hindurch bis heute die Begründung kirchlicher Amtsautorität dar. Nicht von ungefähr umlaufen die biblischen Amtseinsetzungsworte Jesu als mehrere Meter hohes, vergoldetes Schriftband den gesamten riesigen Kirchenraum der römischen Peters­kirche. Bis heute versteht sich das kirchliche Weiheamt also in ununterbrochener Linie gegründet auf Petrus und auf seine Einsetzung als Fundament der Kirche. Und weil ein Gebäude ohne Fundament keinen Bestand hat, wird damit zugleich behauptet: Eine Kirche ohne ein solches Weiheamt gibt es nicht bzw. hat keine Dauer. Ob das stimmt, wird sich noch weisen: In unseren Breiten scheint das Weiheamt ja langsam auszusterben.

Während Petrus also den auch kirchenrechtlich verfassten, autoritativen Aspekt des kirch­lichen Weiheamtes markiert, steht Paulus eher für seine charismatische Seite: Die Lesung aus seinem Galaterbrief schildert ihn als einen Menschen, der sein Leben vorbe­haltlos und vollständig in den Dienst der Verkündigung des Evangeliums stellt und sich in seinem Eifer dafür von niemandem übertreffen lassen will. Paulus wird in der christlichen Ikonografie stets mit Evangelienbuch und Schwert dargestellt: „Paulus verkündete die Wahr­heit des Evangeliums mit der Schärfe eines Schwertes.“, deuten das die Einen; andere sehen darin eher den Menschen, der für dieses Evangelium sogar sein eigenes Leben opferte und sich dafür enthaupten ließ.

Etwas verdächtig und tendenziös mutet freilich die inhaltliche Abgrenzung der liturgischen Bibellesungen für den heutigen Festtag an: Weshalb etwa schließt der heutige Evangelien-Abschnitt mit der Verleihung des Felsen-Titels und der himmlischen Schlüsselgewalt an den Obersten der Apostel? Lediglich 5 Verse später widerfährt dem Oberapostel Petrus nämlich eine ganz andere Titulierung: Da wird er von Jesus als „Satan – Widersacher“ gescholten, weil er sich gegen Jesu Lebenshingabe für das Reich Gottes stellt. – Wenn wir diese 5 Verse zum heutigen Festtagsevangelium also noch hinzunähmen, müsste die kirchliche Amtstheologie dann nicht in eine ganz andere Richtung gehen? Die kirchliche Felsenfunk­tion und Amtsautorität käme dann nicht einfach jenen zu, die durch Handauflegung und Weihe in direkter Sukzession zu Simon Petrus stehen, sondern vielmehr allen Getauften, insofern sie wie Petrus Jesus als Messias und Sohn des lebendigen Gottes bekennen und dafür mit ihrem Leben einstehen. Dieses vitale Bekenntnis bildete dann das unverrückbare Felsenfundament der Kirche – nicht die im Evangelium selbst bereits nach 5 Versen wieder harsch in Frage gestellte Amtsautorität einer Person.

Auch den vorhin gehörten Abschnitt aus dem Galaterbrief lohnt es sich weiter zu lesen: Da berichtet Paulus nämlich von seiner entscheidenden Rolle beim Jerusalemer Apostelkonzil, wie er unbeugsam dafür eintrat, das Evangelium bedingungslos allen Menschen zugänglich zu machen, und wie er sich nur wenig später in Antiochia dem obersten Apostel Petrus selbst „ins Angesicht“ widersetzte, weil sich dieser in genau dieser Frage als feige und wortbrüchig erwies. – Wäre nicht auch das eine das kirchliche Amt unverzichtbar kennzeich­nende Marke: Widerstand und Ungehorsam gegen übergeordnete Amtsträger, wenn es um die Treue zum Evangelium und um das Heil aller Menschen geht?

Ich denke, am Hochfest der beiden Apostelfürsten und des kirchlichen Weiheamtes ist es einfach wichtig, sich des ganzen Petrus‘ und des ganzen Paulus‘ zu erinnern.



Nächste Predigt: 14. Sonntag im Jahreskreis – C, 06. VII. 2025

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dem Menschen zumutbar.

(Ingeborg Bachmann)
 
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